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Oberlausitzer Geschichte in Stichpunkten
Deutsche Eroberung, Markgrafschaft Oberlausitz
Nebenland des Königreiches Böhmen
- Siedlungsfunde aus der mittleren Steinzeit und der frühen Bronzezeit (1800-1500 v.Chr.), 3. Jahrhundert n.Chr.: Siedlungen ostgermanischer Stämme, 6. Jahrhundert: Abzug der germanischen Stämme nach Westen, Einwanderung der Milzener und anderer von Osten kommender westslawischer (sorbischer) Stämme, 742-814: Ausdehnung des Karolingerreiches Karls des Großen nach Osten über Deutschland und Böhmen, Einteilung des späteren sächsischen Territoriums in 23 Gaue (Gerichtsbezirke), Beginn der Missionierung der Sorben, die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung der Sorben im Gebiet Oberelbe, Spree und Oder blieb dennoch bis zum Ende des 9. Jahrhunderts nahezu ungestört
- deutsche Ostexpansion unter König Heinrich I. (reg. 919-936): Eroberung von Sorabia (deutsche Bezeichnung für das Land der Sorben), d.h. der slawischen Siedlungsgebiete um Oberelbe, Spree und Oder, 929: Gründung der Burg Misni (Meißen), um 932: Eroberung des Siedlungsgebietes der Milzener (Gebiet Bautzen), 936: Tod König Heinrichs I., die Sorben vermochten die deutsche Herrschaft vorübergehend abzuschütteln, 939: heimtückischer Mord an 30 zu einem Fest eingeladenen sorbischen Fürsten auf Befehl des Meißner Markgrafen Gero, Ende der sorbischen Aufstände im Meißner Land
- 958: Bau der Ortenburg in Budissin (Bautzen) auf einem hohen Felssporn über der Spree (auf dem Gelände einer älteren Burganlage), vielleicht auch in Reaktion auf die Entstehung des benachbarten polnischen Staates, um 990: Besetzung des Landes der Milzener (und der Ortenburg) durch den Meißner Markgrafen Ekkehard, 999: Gründung der Bautzner Kirche St.Johannis (gilt als erste Kirche der Oberlausitz) durch das Bistum Meißen, 1002: Eroberung des Landes der Milzener durch den polnischen Fürsten Boleslaw Chrobry (auch Belagerung und Erstürmung von Budissin), 1006: Belehnung des Meißner Bischofs mit drei sorbischen Burgwarden durch den Kaiser, um die Missionierung in den slawischen Gebieten voranzutreiben
- 1018: Friedensschluss von Budissin zwischen König Heinrich II. und dem polnischen König Boleslaw (das umkämpfte Milzener Land wurde Polen zugesprochen), 1031: Sieg Konrads II. über den polnischen Fürsten Mieszko, Zuordnung des Milzener Landes als Gau Milsca (mit dem Hauptort Budissin) zur Mark Meißen, benachbart waren der Gau Besunzane (mit Görlitz als Hauptort) und der im Gebiet Zittau gelegene Gau Zagost ("Hinterwaldland")
- 1076: Abtretung des Gaues Milsca als Lehen an den böhmischen Herzog Wratislav II. durch Kaiser Heinrich IV., Förderung der deutschen Besiedlung der Oberlausitz durch Wiprecht von Groitzsch (Schwiegersohn des Herzogs), Einwanderung fränkischer, thüringischer und sächsischer Bauern, Gründung zahlreicher neuer Straßen- und Angerdörfer (meist an Wasserläufen), Rodung der zugewiesenen Waldhufen (langgestreckte, meist direkt hinter den Gehöften gelegene Flurstücke), Lokatoren (Ortsgründer bzw. Ortsvorsteher) übten die niedere Gerichtsbarkeit aus (gewöhnlich in einem Kretscham genannten Gebäude in der Dorfmitte; in den Namen vieler Dörfer der Region blieben die Namen solcher Ortsgründer oder Ortsvorsteher erhalten), Verleihung des Stadtrechts an mehrere Oberlausitzer Siedlungen: 1213 an Bautzen und Kamenz, 1220 an Görlitz, um 1220 an Zittau (urkundliche Ersterwähnung 1238), 1221 an Löbau
- 1241: Lausitzer Grenzurkunde (von König Wenzel I. von Böhmen wahrscheinlich auf dem Königstein im Elbsandsteingebirge unterzeichnet), Neufestlegung der Grenze zwischen den böhmischen und den Meißnischen Burgwarden, 1253: Übergabe des größten Teils der Oberlausitz (einschließlich der noch jungen Städte Bautzen, Görlitz, Löbau und Lauban) als Pfand an den Markgrafen von Brandenburg, Gründung der Markgrafschaft Oberlausitz
- 1319: Wechsel der Städte Bautzen, Löbau und Lauban wieder zum Königreich Böhmen, Görlitz folgte 1329, das Zittauer Land gehörte schon seit 1268 zu Böhmen (als ein politisch recht eigenständiges Gebiet), 1346: Krönung Karls IV. (1316-1378) zum deutschen König, 1347 auch zum König von Böhmen (zu Böhmen gehörten damals die selbstständigen Kronlande Mähren, Schlesien, Oberlausitz und Niederlausitz) und 1355 zum römisch-deutschen Kaiser, das Oberlausitzer Städtebürgertum erlangte eine besonders große Eigenständigkeit und wirtschaftliche Macht (vor allem durch das Tuchmachergewerbe und den durch die Oberlausitz führenden Handel zwischen Brandenburg, der Mark Meißen, Böhmen, Schlesien und Polen)
Warenhandel und Geldwirtschaft in der Oberlausitz
Die geografische Lage zwischen Böhmen, der Mark Meißen (später Kursachsen), Brandenburg (später Preußen), Schlesien und Polen machte die Oberlausitz zwar zum politischen Zankapfel zwischen diesen Mächten, was zu einem häufigen Wechsel der Landesherrschaft führte, wirkte sich aber günstig auf den Handel und die Wirtschaft des Landes aus. Zu den wichtigsten Handelswaren gehörten Thüringer und Lausitzer Tuchwaren.Durch die Oberlausitz verliefen mehrere wichtige Handelsstraßen jener Zeit: Die Hohe Straße (Via Regia; 1213 als antiqua strata/Alte Straße und 1252 als strata regia/Königliche Straße erwähnt) führte von Meißen kommend über Königsbrück, Kamenz, Bautzen, Weißenberg, Görlitz und Lauban nach Schlesien. Von ihr zweigte in Bautzen der Böhmische Steig ab, der über Sohland nach Prag führte, und eine Böhmische Straße, die über Löbau, Zittau und Leipa nach Prag führte. Eine noch viel ältere europäische Handelsstraße, die den Ostseeraum mit den Handelsplätzen an der Adria verband, verlief wegen der hier recht günstigen Mittelgebirgsüberquerung unter dem Namen Böhmische Straße durch das Görlitzer und Zittauer Gebiet nach Prag. Bedeutend war auch die Salzstraße (Böhmische Glasstraße), die über Halle, Leipzig, Dresden, Stolpen, Langburkersdorf (bei Neustadt), Rumburg und Warnsdorf (oder den Schöberpass) nach Böhmen führte. Bei Bad Muskau überquerte die von Leipzig kommende Niedere Handelsstraße die Neiße. Die mittelalterlichen Handelsstraßen waren meist nicht viel mehr als notdürftig ausgebaute Wald- und Landwege (im Winter oder nach Starkregen für Fuhrwerke kaum passierbar).
Das in der spätmittelalterlichen Oberlausitz übliche Zahlungsmittel war kursächsisches und böhmisches Münzgeld. Die Geldumrechnungen bezogen sich in der Oberlausitz meist auf den böhmischen Kleinen Groschen. Auch mit Reichstaler und Schock sowie Zittauer, Görlitzer und schlesischer Mark wurde gerechnet, obwohl solche Münzen hier kaum im Umlauf waren. Nur entsprechende Mengen sächsischer und böhmischer Groschen wurden damit bezeichnet.
Der Oberlausitzer Sechsstädtebund
- 21. August 1346: Gründung des Oberlausitzer Sechsstädtebundes durch die Städte Bautzen, Görlitz, Zittau, Löbau, Kamenz und Lauban (heute das polnische Luban) als Beistandspakt (Schutz- und Trutzbündnis, Landfriedensbund) gegen die grassierende Straßenräuberei und das Raubrittertum, v.a. auch zum Schutz der Handelswege, indirekt auch zur Stärkung der politischen Macht der Patrizier und Städtebürger gegenüber dem Landesfürsten und dem Landadel, die Stadt Zittau schloss sich trotz ihrer langen eigenständigen Entwicklung aus Angst vor dem aufrührerischen böhmischen und tschechischen Adel dem Städtebund an, 1355: Ratifizierung der Verträge, Anerkennung des Städtebundes durch Kaiser Karl IV. (kam hierzu persönlich in die Oberlausitz), Zubilligung des Fehmgerichtes, Erteilung der Vollmacht zur Zerstörung von Raubritterburgen und -festen in der Region
- Bautzen (Budissin) fungierte als geschäftsführender Vertreter aller Partner, übte den Vorsitz und das Siegelungsrecht für alle anderen Städte aus, war auch Sitz des Landvogtes (Statthalters des böhmischen Königs, dieser übte die oberste militärische, administrative und ritterliche Gewalt aus, war oberster Richter, zog die landesherrlichen Abgaben ein, organisierte die Beamtenbesoldung und fungierte im Kriegsfall als oberster Heerführer, schloss Bündnisse und Verträge für die Oberlausitz, bereiste die Städte oder berief ihre Vertreter zu Beratungen ein), in Budissin befand sich auch die kirchliche Verwaltung der Oberlausitz durch das Bistum Meißen, die kleineren und weniger wohlhabenden Städte Löbau, Kamenz und Lauban spielten eine eher untergeordnete Rolle im Städtebund, erfuhren durch den Bund aber erhebliche wirtschaftliche Vorteile und eine deutliche politische Aufwertung, Ort der Städtetage waren die Conventsstadt Löbau und gelegentlich auch Bernstadt und Ostritz (die Städte waren durch Ratsdeputierte vertreten, die Ritterschaft durch Älteste)
- 1412: die Bautzner Vogtei erlangte die Zuständigkeit für die ganze Oberlausitz, Aufhebung der eigenen Vogtei Zittau durch König Wenzel von Böhmen (die Stadt Zittau unterstand nun ebenfalls dem in Bautzen residierenden Oberlausitzer Landvogt, war kirchenrechtlich aber bis zur Reformation 1521 weiterhin der Prager Erzdiözese unterstellt)
- 1398: Landfriedensbündnis mit der Mark Meißen, 1401: Heereszug der Mark Meißen gegen den böhmischen König Wenzel, die Oberlausitzer Städte blieben neutral, Unterstützung der Meißner Markgrafen bei Heereszügen gegen Raubnester (z.B. im Elbsandsteingebirge), 1407: Erneuerung des Landfriedensbündnisses mit der Mark Meißen (auf Pirna und Oschatz ausgedehnt), weitere Verträge folgten 1421 und 1429
- erbitterter Streit zwischen dem regionalen Adel und den Städten, die Städte führten den Krieg gegen Raubnester oft sehr rücksichtslos und eigennützig, stellten für den Landadel generell eine große wirtschaftliche, politische und militärische Bedrohung dar, offene Kämpfe mit dem Adel vermochte der Sechsstädtebund durch geschickte Diplomatie und einen gewissen Interessenausgleich stets erfolgreich zu vermeiden, Adlige wurden auch als Schiedsrichter und Vermittler in Stadtangelegenheiten bestellt, während die Städte auch bei Fehden der Ritterschaft vermittelten und im Kriegsfall sowie bei Überfällen Hilfe gewährten, wohlhabende Vertreter des Adels sprangen gelegentlich auch als Kreditgeber für die Städte ein
- Anfang des 15. Jahrhunderts: verschärfter Kampf der Zünfte um das Mitspracherecht in städtischen Angelegenheiten, 1405: Rathausbesetzung in Bautzen, die anderen Mitglieder des Bundes zogen unter der Führung des Landvogts gegen die Stadt und befriedeten die Zünfte, 1408: Strafgericht König Wenzels von Böhmen in Bautzen (neuer Rat mit 14 Personen einberufen, etliche Todesurteile gegen frühere Ratsmitglieder vollstreckt, hohe Strafzahlungen verhängt, einige Ratsdörfer eingezogen), 1405: Höhepunkt der Unruhen in Zittau (um 1360 ausgebrochen), trotz mehrerer Städtetage und dreier Enthauptungen noch bis 1418 anhaltend
- landesherrliche Privilegien (z.B. betreffs der Ausrichtung von Jahrmärkten und Salzmärkten, der Gerichtsbarkeit, der Kontrolle von Handelsstraßen und der Zolleinnahmen, auch der Bierbraurechte und des Biervertriebs) waren Grundlagen des wirtschaftlichen Erfolgs der Städte, führten häufig zu Konflikten zwischen den Bundesgenossen, vom Landvogt oft nur mit Mühe und Not geschlichtet, das Privileg der Waidniederlage (Recht zum Einkauf und Handel von Farbstoffen für die Leineweberei) war in den Tuchmacherstädten Görlitz (ab 1339) und Zittau (ab 1350 Direkteinkaufsrecht) bedeutend
- 1368: Übergriff Zittaus auf das zum Kloster Marienthal gehörende Städtchen Ostritz (Zittau sah in diesem Ort Konkurrenz heranwachsen, insbesondere hinsichtlich der Gerichtsbarkeit und der Vorrechte beim Bierausschank und beim Salzmarkt), Zerstörung der neuen Ostritzer Bauwerke, Kaiser Karl IV. zwang Zittau zum Wiederaufbau einiger Bauten auf dem Ostritzer Marktplatz (das Städtchen durfte aber kein Rathaus und keine Stadtmauer mehr errichten), 1408, 1410 und 1413: Görlitz brach Fehden wegen des Waidhandels, der Straßenprivilegien und der Zolleinnahmen vom Zaun (u.a. mit Bautzen, Frankfurt an der Oder, Liegnitz und Breslau), Zerstörung des Städtchens Neuhaus in der Görlitzer Heide durch Görlitzer Truppen und Truppen der von Görlitz überlisteten anderen Mitglieder des Sechsstädtebundes, der Kaiser ordnete Strafzahlungen und den Wiederaufbau von Neuhaus an (die Kosten hatte Görlitz zu tragen)
- 1491, 1530, 1616, 1662 und 1707: Gewaltakte gegen Bierfässer und Personen im Streit wegen der Bierfuhren (der Vertriebs- und Ausschankrechte für eigenes Bier), 1491: Bierfehde ("Bierkrieg") der Stadt Görlitz gegen die anderen fünf Städte und den Adel, Zerstörung einiger Ladungen Zittauer Bieres ("Rosentaler Bierpfütze" am Läusehübel zwischen Hirschfelde und Ostritz), Plünderung des zu Görlitz gehörenden Dorfes Wendisch-Ossig durch die Zittauer und ihre Verbündeten, 1497: der König verurteilte Zittau wegen der Übergriffe zu Strafzahlungen und Schadenersatz
Die Oberlausitz in den Hussitenkriegen (1420-1438)
- 1415: Johannes (Jan) Hus (1369-1415, Rektor der Prager Universität, Reformator der böhmischen Kirche und Führer der nationalen Bewegung der Tschechen) von der römisch-katholischen Kirche als Ketzer verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt, Beginn des Kampfes seiner Anhänger, der Hussiten, gegen die Kirche und den Landesherren, 1419: "Fenstersturz zu Prag" (mehrere Richter und Ratsherren wurden aus den Fenstern des Rathauses der Prager Neustadt hinaus gestürzt), König Wenzel von Böhmen erlitt einen tödlichen Schlaganfall, Nachfolger Kaiser Sigmund (Sohn Karls IV.) erhielt vom Oberlausitzer Sechsstädtebund die Unterstützung gegen die Hussiten zugesagt
- 1420: erste Heerfahrt des Städtebundes nach Böhmen, 1421: weiterer Feldzug, Abschluss eines fünfjährigen Schutzbündnisses mit der Mark Meißen, 1422: erster Feldzug der Hussiten gegen die Oberlausitz, 1424: Feldzug gegen Zittau, Eroberung der Burg Karlsfried auf dem Gabler Pass, Verwüstung der Zittauer Umgebung, wenig später neuerliche Hussitenangriffe, Eroberung der Städte Kamenz, Löbau und Lauban, während Zittau und Görlitz standhielten, Plünderung und Brandschatzung des übrigen Oberlausitzer Territoriums, 1427 und 1430: Truppenhilfe aus Schlesien und aus der Mark Meißen, blieb aber wirkungslos, das Oberlausitzer Städtebürgertum und der Landvogt operierten meist unfähig, kurzsichtig und egoistisch, 1427: bis zu 14.000 Hussiten überrannten Bunzlau und Löwenberg (Schlesien) und eroberten Lauban, während Zittau standhielt, 1428: einziger Sieg über die Hussiten in der Oberlausitz bei Kratzau/Machendorf (Chrastava/Machnin) an der Neiße südlich von Zittau (heute in Tschechien), 1429: Feldzug der Hussiten in die Ober- und die Niederlausitz, Eroberung von Kamenz, Beschuss von Bautzen, Zittau und Görlitz hielten stand, 1430: Verwüstung der Görlitzer Umgebung (nur die Stadt hielt stand), 1431: Beschuss von Bautzen, Eroberung von Löbau, Zittau hielt stand, 1432: etwa 10.000 Hussiten auf einem Feldzug nach Brandenburg, die Oberlausitzer Städte sahen sich zu Friedensverhandlungen gezwungen, Görlitz erlitt wegen der Kriegskosten den finanziellen Ruin, die Oberlausitz war wirtschaftlich schwer angeschlagen, 1433: Friedensschluss Kursachsens mit den Hussiten, Konzil zu Basel (kirchlicher Ausgleich mit den "Ketzern"), 1438: Sieg des Kurfürsten Friedrich II. von Sachsen bei Brüx über die Hussiten, Ende der Hussitenkriege
Reformation, Pönfall
- 1517: Veröffentlichung der 95 Thesen gegen den Ablasshandel (den Freikauf von Sünden) durch Martin Luther in Wittenberg (damals kurfürstlich-sächsische Residenz), Beginn der Reformation in Deutschland, 1521: Bekenntnis der politisch sehr eigenständigen, vom Städtebürgertum dominierten Oberlausitz zur Reformation (nur die Sorben, das Domstift Bautzen und die Klöster Marienstern, Marienthal und Lauban blieben - unter dem Einfluss der böhmischen Landesherrschaft - katholisch), auch religiöse Strömungen wie der Calvinismus, die Täuferbewegung und die Mystik erlangten stellenweise große Bedeutung und konnten sich lange halten (Jakob Böhme verfasste seine Schriften ab 1612 in Görlitz), die Reformation brachte große wirtschaftliche Vorteile, aber einen Niedergang der Baukunst, der Bildhauerei, der Malerei und der Dichtkunst in der Oberlausitz (im wesentlichen erst im Barockzeitalter wieder gefördert), um 1524 (Zeit der Reformation und der deutschen Bauernkriege): heftige soziale Unruhen und Aufstände auch in der Oberlausitz (z.B. in Kamenz, Görlitz und Zittau)
- 1547: der protestantische Oberlausitzer Sechsstädtebund verweigerte dem (katholischen) Kaiser vor der Schlacht bei Mühlberg die Treue und zog sein Heer zurück, Gericht über die Städte in Prag, Pönfall (Straffall; lat. poenas = Strafe): Verlust der Hochgerichtsbarkeit und zahlreicher politischer und wirtschaftlicher Privilegien, hohe Bußgeldzahlungen, Einzug der Ratsdörfer und vieler Güter durch den Landesherren, Ratswahlen unter landesherrliche Kontrolle gestellt, Erstarken des Oberlausitzer Adels, dieser trat nun in einen Machtkampf mit der königlichen Landesherrschaft ein
Dreißigjähriger Krieg (1618-1648) und Nachkriegszeit
Wechsel zu Kursachsen (1635)
- Auslöschung eines beträchtlichen Teils der Oberlausitzer Bevölkerung durch Krieg und Pest, die sorbische Kultur der Milzener schrumpfte auf das Gebiet um Bautzen zusammen, Nachrücken sächsischer, fränkischer, thüringischer und schlesischer Umsiedler in bisher sorbische Gebiete, Einwanderung vieler aus Böhmen, Mähren, Schlesien und Ungarn vertriebener Protestanten in die Oberlausitz, dadurch Entstehung der bis heute fortlebenden Eigenheiten der Oberlausitzer Kultur und Sprache, wirtschaftliche Wiederbelebung des Landes durch diese protestantischen Exulanten (darunter viele Gewerbetreibende, Geistliche und Lehrer), durch deren Hausweberei entwickelte sich das Land zu einem Zentrum des europäischen Textilhandels und -gewerbes
- 1635: Friedensschluss von Prag, Vergabe der Ober- und Niederlausitz an Kursachsen durch Kaiser Ferdinand II. (als Belohnung für den Verrat des sächsischen Kurfürsten an der evangelischen Sache), dieser größte und letzte Landgewinn in der sächsischen Geschichte war auch die territoriale Grundlage für die kursächsisch-polnische Union unter August dem Starken (ab 1697), der sächsische Landesherr musste den Schutz der Katholiken (insbesondere der katholischen Sorben und der Klöster) zusagen, nur das kleine Gebiet Schirgiswalde blieb böhmisch (entwickelte ab 1659 ein reiches Textilgewerbe mit Spinnerei, Leineweberei und Garnhandel, erhielt 1665 vom Kaiser die Marktgerechtigkeit und das Stadtrecht zugesprochen, bestand nach der Loslösung von Böhmen/Österreich 1809 eine Zeit lang als recht eigenartige "Republik Schirgiswalde" fort, erst 1845 an Sachsen angeschlossen)
- ab dem 17. Jahrhundert: die Oberlausitzer Manufakturen waren für ihre Tuchwaren und Leinen in ganz Europa berühmt (Tuche meist aus importierter Wolle und Leinen aus heimischem Flachs hergestellt), um 1750: Zittau galt als reichste Stadt der Oberlausitz wegen der im Umland betriebenen Leinenweberei (etwa 30 Leinwand-Handelshäuser der Stadt lieferten in viele Städte Europas und nach Übersee), mit der Leinenweberei entstand das Oberlausitzer Umgebindehaus als neuer Haustyp (Kombination von slawischer Blockstube und fränkischem Fachwerkhaus, Sicherung des Gebäudes gegen die Schwingungen der Webstühle durch Stützkonstruktionen - "Umgebinde" - mit Rahmen und Querstreben), ab 1666: Entwicklung von Großschönau zum Zentrum der Oberlausitzer Damastweberei, war führender Damastweberort Deutschlands hinsichtlich der hergestellten Menge an Tischwäsche und Leinendamast (Großschönauer Damast- und Heimatmuseum mit kostbaren alten Damasten sowie Ausstellungsstücken zur Webtechnik, Schauvorführungen mit einem rekonstruierten Zugwebstuhl), 1873: Ende der Damastweberei wegen der aufkommenden Jacquardtechnik
Von der Barockzeit bis zur Gegenwart
- Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts: Zeit des Barock, blühendes Gewerbe (v.a. Textilgewerbe), großes Repräsentationsbedürfnis des Oberlausitzer Adels und des Städtebürgertums, Bau prächtiger Barockschlösser und -gärten (z.B. in Königswartha, Neschwitz, Milkel, Gaußig und Oberlichtenau), großartige bürgerliche Repräsentationsbauten im Stil des sächsischen und böhmischen Barock in Bautzen, Görlitz und Zittau, Bau katholischer Sakralbauten im böhmischen Barockstil, evangelischer Kirchenbau dagegen in einem ärmeren Baustil mit romanischen, gotischen und barocken Elementen
- neue Städteordnung: sicherte allen Bürgern eine Vertretung in der Stadtverwaltung zu (nicht nur den ratsfähigen reichen Bürgern wie bisher), Ende der langen, nicht selten blutigen Konflikte zwischen dem Rat und den Ständen
- Siebenjähriger Krieg (1756-1763): große Schäden und wirtschaftliche Einbußen, 1757: Zittau von österreichischen Truppen beschossen und stark zerstört, 1758: Schlacht bei Hochkirch, schwere Verwüstungen im Umfeld
- 1813 (Zeit der Napoleonischen Kriege): Schlacht bei Bautzen, Bischofswerda und zahlreiche Dörfer im Bautzner Land verwüstet, die Oberlausitzer Bevölkerung hatte auch unter vielen kleineren Gefechten und Truppendurchzügen zu leiden, 1815: Wiener Kongress, Sachsen verlor als ehemaliger Verbündeter Napoleons einen großen Teil seines Territoriums an Preußen, Verlauf der sächsisch-preußischen Grenze nun mitten durch die Oberlausitz (Gebiete um Hoyerswerda, Rothenburg, Görlitz und Lauban gehörten nun zum preußischen Regierungsbezirk Liegnitz/Niederschlesien), 1819-1868: Vierstädtebund der bei Sachsen verbliebenen Städte Zittau, Löbau, Bautzen und Kamenz
- 1835: Erweiterung des sächsischen Teils der Oberlausitz um das westlich von Pulsnitz gelegene vorher bischöfliche Gebiet, Zusammenfassung zur Amtshauptmannschaft Bautzen, 1845: Eingliederung von Schirgiswalde (bis 1809 böhmisch, dann selbstständig)
- ab 1945: Wechsel der östlich der Neiße gelegenen Gebiete der Oberlausitz zu Polen im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges, Lauban wurde zur polnischen Stadt Luban, Zeit der DDR: der sächsische und der bis 1945 preußische Teil der Oberlausitz (die Kreise Hoyerswerda, Weißwasser, Niesky, Kamenz, Bischofswerda, Bautzen, Löbau, Görlitz und Zittau) gehörten zum Bezirk Dresden, die Oberlausitz war eines der Zentren der DDR-Textilindustrie und wegen der reichen Braunkohlevorkommen der Energie-Hauptlieferant des Landes
- seit 1990 (deutsche Wiedervereinigung): starke Schrumpfung der Industrie, hohe Arbeitslosenzahlen (gehören zu den höchsten der neuen Bundesländer), kaum noch nennenswerte Industrie-Neuansiedlungen, Förderung des Tourismus (für den die Landschaft, die Geschichte und die Infrastruktur dieser Region ausgezeichnete Bedingungen bieten), 21. Juni 1991: Gründung eines neuen Sechsstädtebundes mit den Städten Bautzen, Görlitz/Zgorzelec, Zittau, Kamenz, Löbau und Luban zur gemeinsamen Förderung der Bereiche Kunst und Kultur sowie Sport und Tourismus, jede Stadt bringt ihre eigenen, ganz individuellen Reize und Vorzüge in dieses Bündnis gleichberechtigter Partner ein
Die Oberlausitzer Sorben
- 480-720: Besiedlung der von den Germanen im Zuge der Völkerwanderung verlassenen Gebiete an der Oberelbe, der Spree und der Oder durch westslawische (sorbische) Stämme (der südbrandenburgische Raum um Cottbus und Spreewald durch den Stamm der Lusizer, das Oberlausitzer Gebiet Budissin (Bautzen) durch den Stamm der Milzener, das Elbtal und der Raum Freiberg durch die Nisaner und Daleminzier, letztere waren von Süden her über die Erzgebirgspässe eingewandert, die Oberlausitzer Stämme kamen dagegen von Osten), Name Lausitz von Lusici abgeleitet (sorbischer Name des Siedlungsgebietes der Lusizer / Niederlausitz)
- die Dörfer der Sorben waren meist Weiler oder Rundlinge (kreisförmig oft um einen Teich herum angeordnete Häuser, die Verbindung von deren Rückseiten im Verteidigungsfall ließ eine Art Burg entstehen), etwa 30 Burgwarde (civitates, Bezirke, in Überlieferungen aus dem 9. Jahrhundert erwähnt) gab es im Gebiet der Milzener, wahrscheinlich mit einem Zentrum und Kultplatz auf dem Gelände der späteren Bautzener Ortenburg, zahlreiche Burgwallanlagen (Schanzen) dienten als Zufluchtsorte, Herrensitze und Verwaltungszentren (einige blieben bis heute erhalten, z.T. als Schauanlage rekonstruiert, andere zumindest noch als Bodenerhebung sichtbar oder leben in geographischen Namen fort)
- die nationale Minderheit der Sorben bewahrte sich bis heute (auch wegen der sehr eigenständigen politischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Lausitz) viel von ihrer Sprache und Kultur, mit etwa 60.000 Angehörigen ist es das kleinste der slawischen Völker, von den Deutschen auch "Wenden" genannt (alte Bezeichnung für "Weidegänger" / nomadisierende Viehzüchter)
- 16. Jahrhundert: Trennung der niedersorbischen von der obersorbischen Schriftsprache, in beiden Sprachen gibt es bedeutende Zeugnisse der Erzähl- und Dichtkunst, im Mittelpunkt der sorbischen Kultur steht die Volkskunst (u.a. sorbische Trachten, Volksbräuche wie das Osterreiten, Ostereierverzierung, Fastnachtsmaskerade; das Volkskunstmuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und das Sorbische Museum in der Bautzener Ortenburg zeigen bedeutende Beispiele aus dem sorbischen Kulturschaffen), die sorbische bildende Kunst blieb dagegen deutlich zurück (die meisten sorbischen Bildhauer und Maler waren wegen der besseren Berufsaussichten im benachbarten Böhmen tätig, vor allem in Prag)
- 1912: Gründung der Domowina ("Heimat") - des Verbandes für die Bewahrung und Förderung der sorbischen Kultur, der Artikel 113 der Verfassung der Weimarer Republik brachte auch den Sorben neue Freiheiten in der Ausübung ihrer Sprache und Kultur, diese wurden dann in der Zeit des Nationalsozialismus stark unterdrückt (die Domowina, sorbische Zeitungen und der Gebrauch der sorbischen Sprache in Ämtern und Behörden waren verboten), Himmlers Plan zur "Endlösung der Wendenfrage" (1940) sah die Aussiedlung aller Sorben vor, 1948: Gesetz zur Wahrung der Rechte der sorbischen Bevölkerung im Land Sachsen, Bautzen wurde Sitz der Eigenverwaltung (Domowina) der Sorben und ihr kulturelles Zentrum (u.a. Sorbisches Museum, Domowina-Verlag, deutsch-sorbisches Volkstheater), seitdem fördert der Staat die Pflege der sorbischen Sprache und Kultur mit bedeutenden Finanzmitteln
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