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Sächsische Geschichte

Kurfürst August • Renaissance (1553-1611)

Kurfürst August von Sachsen, Renaissance-Stadt Dresden

Kurfürst August von Sachsen (reg. 1553-1586; nicht mit August dem Starken - Kurfürst Friedrich August I.- verwechseln!) war der letzte Kurfürst, der in Augsburg vom Kaiser nach altgermanischer Sitte unter freiem Himmel belehnt wurde. Zusammen mit seiner politisch sehr engagierten Gemahlin Anna von Dänemark (1532-1585) übte er eine sehr strenge und religiös intolerante Herrschaft über Kursachsen aus, sorgte aber zugleich für einen bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung im Land. Die Chroniken verklärten diese Landesherrschaft mit den Bezeichnungen "Vater August" und "Mutter Anna".

Die Residenzstadt Dresden entwickelte sich in der Regierungszeit Kurfürst Augusts zu einer der prächtigsten Renaissance-Städte Deutschlands und zugleich zu einer der mächtigsten Stadtfestungen Europas.

Kurfürst August erwarb durch Kauf, Tausch oder Erbe bedeutende Territorien hinzu, so im Jahr 1566 den Vogtländischen Kreis mit Plauen und im Jahr 1580 die Grafschaft Mansfeld. Im Jahr 1559 brachte er die bisher bischöfliche Burg Stolpen im Tausch gegen das Amt Mühlberg in seinen Besitz und ließ sie in eine Garnison und ein Staatsgefängnis umbauen. Das Bistum Meißen verlor hierdurch seinen Einfluss in der Oberlausitz. Im Jahr 1572, nach dem Tod des letzten Meißner Burggrafen, gewann Kurfürst August die Meißner burggräfliche Reichsstandschaft nebst Titel und Wappen für das Haus Wettin.

Kursachsen nach 1554

Bild: Kursachsen nach dem Naumburger Vertrag von 1554 und Landerwerb bis 1800


Kurfürst August betätigte sich erfolgreich als Unternehmer in Bergbau, Handel und Gewerbe. Die auf seine Anweisung hin gebaute Dresdner Neue Schmelzhütte gilt als ein "industrieller Großbau des 16. Jahrhunderts" (Karl Czok). Westlich von Dresden (im Gebiet des heutigen Stadtteils ) richtete er ab 1568 eine große kurfürstliche Gutswirtschaft ein, das Vorwerk (Kammergut) Ostra (diese Vorwerks-Wirtschaft wurde bis 1917 betrieben). Seine kurfürstliche Macht brachte er mit dem Bau der großen, östlich von Chemnitz gelegenen Augustusburg zum Ausdruck.

Die von Kurfürst Moritz begonnene Staatsreform setzte Kurfürst August im Jahr 1574 mit der Einrichtung eines Geheimen Rates fort. Eine solche kollegiale Behörde war damals neu in Deutschland. Die bis dahin noch recht patriarchalisch und willkürlich organisierten Beziehungen zwischen dem Landesherrn, dem Adel, dem Städtebürgertum und dem Bauernstand stellte er im Jahr 1572 mit seinen auf dem "Sachsensspiegel" beruhenden "Konstitutionen" auf eine rechtliche Grundlage. Auch diese Gesetzgebung war neu in Deutschland.

Der an Wissenschaft interessierte und sehr kunstsinnige Landesherr richtete eine bedeutende Kurfürstliche Bibliothek und die Dresdner Kurfürstliche Kunst- und Naturalienkammer ein. Aus dieser Dresdner Kunstkammer, die zu den bedeutendsten Kunst- und Raritätenkabinetten Europas gehörte, gingen später die weltberühmten Dresdner Kunstsammlungen hervor, vor allem die Pretiosensammlung "Grünes Gewölbe", die Gemäldegalerie und der Mathematisch-Physikalische Salon (Museum der Instrumentenkunst).

Sachsen unter Kurfürst Christian I. und Kurfürst Christian II., Kanzler Crell führt den Calvinismus ein

Kurfürst Christian I. von Sachsen (reg. 1586-1591), Sohn und Nachfolger des im Jahr 1586 verstorbenen Kurfürsten August, hatte schon seit 1581 den Vorsitz des Geheimen Rates ausgeübt und seit 1584 auch wesentliche Befugnisse in der inneren Verwaltung besessen.

Die Außen-, Innen- und Kirchenpolitik überließ der Kurfürst ab 1589 weitgehend seinem fähigen Kanzler Dr. Nicolaus Crell, der schon seit 1586 als Geheimer Rat tätig war. Die im Jahr 1589 vollzogene Vereinigung des Geheimen Rates mit den Hofräten gab dem diesen Gremien vorstehenden Kanzler eine außerordentliche politische Macht in Kursachsen. Zugleich wurde so der Einfluss der Stände auf den Landesherrn zurückgedrängt, was dem Kurfürsten absolutistische Gewalt verschaffte. Ab 1588 wurde der Landtag - nach vorangegangenen Unstimmigkeiten - nicht mehr einberufen.

Mehrere der von Kurfürst August eingerichteten Neuerungen verschwanden wieder. So wurde im Jahr 1587 die Verpflichtung auf die Konkordienformel stillschweigend aufgehoben, die von Kurfürst August eingesetzte Hofgeistlichkeit abgelöst, das Dresdner Konsistorium abgeschafft und im Jahr 1588 das Konsistorium in Meißen eingerichtet.

Sachsen öffnete sich durch Crells Betreiben dem calvinistischen Gedankengut. Im Jahr 1589 erschienen ein neues Gebetbuch, ein neuer Katechismus und ein neues Gesangbuch. Unter Geheimhaltung wurde die Herausgabe einer calvinistischen Bibel ("Crell-Bibel") vorbereitet.

Crell strebte ein neues Bündnis aller protestantischen Reichsstände unter Einbeziehung der Calvinisten an, um die vom orthodox-lutherischen Kurfürsten August verschuldete Isolation Kursachsens zu beenden. Außerdem wollte der Kanzler das unter Kurfürst August eingegangene Bündnis mit den Habsburgern auflösen. Um 1590 schmiedete er zahlreiche neue Bündnisse und knüpfte auch Kontakte zu den französischen Calvinisten und deren König Heinrich IV. von Navarra.

Kurfürst Christian I. starb im Jahr 1591. Sein noch unmündiger Sohn und Nachfolger Kurfürst Christian II. (reg. 1591-1611) stand bis 1601 unter der Vormundschaft des streng lutherischen Ernestiners Friedrich Wilhelm (ein Enkel von Kurfürst Johann Friedrich und Begründer der ernestinischen Altenburger Linie).

Die Landstände rächten sich an Kanzler Crell. Wegen Begünstigung des Calvinismus ließen sie ihn kurz nach dem Tod des Kurfürsten verhaften, auf der Festung Königstein einsperren und nach einem höchst unkorrekten Gerichtsverfahren im Jahr 1601 in Dresden hinrichten.

In Sachsen kam es, wie z. B. im Jahr 1593 in Leipzig, zu Ausschreitungen gegen die Calvinisten. Crells Reformen wurden rückgängig gemacht: Die Verpflichtung auf die Konkordienformel trat, nun auch auf Kirchen- und Schuldiener ausgeweitet, wieder in Kraft und wurde Bedingung für jede Amts- und Dienstbeförderung. Die unter Kurfürst August berufenen Geistlichen erhielten ihre Ämter zurück. Das im Jahr 1606 wieder in Dresden eingerichtete Konsistorium vereinigte sich im Jahr 1607 mit dem seit 1602 bestehenden Kirchenrat, dem obersten Kollegium für Kirchensachen, zum Oberkonsistorium. Die Landstände traten in ihre alten Rechte ein.

Kursachsen kehrte zum orthodoxen Luthertum zurück und schloss sich wieder den Habsburgern an, was zum Bruch mit den protestantischen Reichsständen führte. Deren im Jahr 1608 gegründete Vereinigung, die Union, stand nun unter der Führung Brandenburgs und der calvinistischen Kurpfalz. Die in dieser Zeit zwischen Kursachsen und Kurbrandenburg aufbrechenden Konflikte wirkten sich maßgeblich auf die weiteren Geschicke des Landes aus.



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