Schloss Pillnitz Dresden • Chinoiserien-Juwel an der Elbe

Wasserpalais • Bergpalais • Neues Palais • Sommerresidenz der Wettiner

Schloss Pillnitz auf einen Blick

Lage: Pillnitz, am rechten Elbufer im Osten Dresdens

Bauzeit: 1720-1824 (in mehreren Bauphasen)

Architekten: Matthäus Daniel Pöppelmann, Zacharias Longuelune, Christian Friedrich Schuricht

Stil: Dresdner Barock mit Chinoiserien, Klassizismus

Besonderheit: Größte Chinoiserien-Anlage Europas

Nutzung: Museum für Kunsthandwerk, Schlosspark, Konzertkulisse

Website: www.schloesser-dresden.de

Europas größte Chinoiserien-Anlage

Schloss Pillnitz ist eine der bedeutendsten und prachtvollsten Schlossanlagen Deutschlands. Am malerischen rechten Elbufer gelegen, verbindet die Anlage auf einzigartige Weise Dresdner Barockarchitektur mit ostasiatischen und orientalischen Stilelementen, den sogenannten Chinoiserien. Das Schlossensemble gehört zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Dresdens und war über 200 Jahre die Sommerresidenz der sächsischen Kurfürsten und Könige.

Die Schlossanlage Pillnitz besteht aus drei Hauptgebäuden: dem Wasserpalais an der Elbe, dem spiegelbildlichen Bergpalais zum Hang hin und dem zwischen beiden liegenden Neuen Palais. Zusammen umschließen sie den prächtigen Lustgarten und bilden ein harmonisches Barockensemble von außergewöhnlicher Schönheit.

Was sind Chinoiserien?

Chinoiserien (von französisch "chinoiserie" = chinesisch) bezeichnen die Nachahmung ostasiatischer und orientalischer Kunstformen in der europäischen Kunst des Barock und Rokoko. August der Starke wollte Schloss Pillnitz "indianisch" - also orientalisch oder fernöstlich - gestalten. Die geschwungenen Dächer, Hohlkehlen und exotischen Dekorationen machen Pillnitz zur größten und bedeutendsten Chinoiserien-Anlage Europas.

Frühe Geschichte von Schloss Pillnitz

Schloss Pillnitz wird erstmals im Jahr 1403 urkundlich erwähnt. Es ging aus einer mittelalterlichen Wasserburg hervor, die an der Mündung des Meixbaches in die Elbe stand und mit Wallgraben und Zugbrücke befestigt war.

Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts entstand an dieser Stelle ein prächtiges Renaissanceschloss - ein großer Vierflügelbau im Stil der Spätrenaissance mit mächtigen Giebeln und einem Schneckenturm. Zur Anlage gehörten ein Lustgarten, ein Lusthaus am Elbufer und eine Terrasse. Von dieser älteren Anlage blieb die Löwenkopfbastei erhalten - eine kleine Bastion östlich des heutigen Wasserpalais, deren elbseitiges Gemäuer einen Löwenkopf trägt.

August der Starke und die Barockanlage

Kurfürst Johann Georg IV. von Sachsen erwarb das Schloss im Jahr 1694 von der Familie von Bünau für seine Mätresse Magdalene Sibylle von Neidschütz. Nach dem frühen Tod des Kurfürsten 1694 gelangte sein Bruder und Nachfolger Kurfürst Friedrich August I. - August der Starke - im Jahr 1706 durch Rückkauf in den Besitz von Schloss Pillnitz.

August der Starke schenkte das Anwesen zunächst im Jahr 1707 seiner berühmten Mätresse Gräfin Cosel. Als diese bei Hofe in Ungnade fiel, nahm er es 1717 durch Enteignung wieder zurück und begann ab 1720 mit dem Umbau zur prächtigen Barock- und Parkanlage.

Die Vision einer "indianischen" Schlossanlage

August der Starke wollte in Pillnitz eine Schloss- und Parkanlage für prächtige Park- und Wasserfeste schaffen. Der Barock sollte mit ostasiatischen und orientalischen Elementen - den Chinoiserien - verbunden werden. Diese Modeerscheinung der Zeit entsprach der Begeisterung des europäischen Hochadels für die exotische Kunst Ostasiens.

Das Wasserpalais (1720-1722)

Das Wasserpalais entstand als erstes der großen Palaisgebäude zwischen 1720 und 1721. Die Architekten Matthäus Daniel Pöppelmann (Schöpfer des Dresdner Zwingers) und Zacharias Longuelune schufen die Pläne für dieses außergewöhnliche Bauwerk.

Das Wasserpalais wurde zunächst als drei getrennte Pavillons konzipiert: ein siebenachsiger Mittelbau mit zwei Stockwerken zum Lustgarten und drei Stockwerken zur Elbe hin, flankiert von zwei fünfachsigen Seitenpavillons für Wohnzwecke. Der große Saal im Mittelbau war zunächst für das Fest des Weißen Adlerordens im Jahr 1721 eingerichtet worden.

Im Jahr 1722 wurden die Pavillons durch niedrige Gänge miteinander verbunden (erst später durch hohe Bauten ersetzt). Die prächtige doppelläufige Treppe an der Lustgartenseite kam ebenfalls 1722 hinzu - ein Meisterwerk nach Plänen Pöppelmanns.

Architektonische Besonderheiten des Wasserpalais

Das doppelt geschwungene Walmdach mit seinen schönen Schornsteinen und die Hohlkehlen der Hauptgesimse verleihen dem Wasserpalais sein charakteristisches asiatisches Aussehen. Die Hohlkehlen sind mit "chinesischen" Figurengruppen verziert: rot auf gelb an den Seitenbauten, blau auf rot am Mittelbau und blau in der Vorhalle.

An der Elbseite führt die im Jahr 1724 hinzugefügte Treppe des Gondelhafens zum Wasser hinunter. Zwei Sphingen - Arbeiten von François Coudray aus dem Jahr 1725 - stehen auf den Mauerpfeilern dieser großen Freitreppe. Hier landeten einst die Boote und Gondeln des sächsischen Hofes an, die aus Dresden kamen.

An der Lustgartenseite besitzt das Palais einen vorgezogenen Portikus mit vier Kompositsäulen, der dem Gebäude Würde und Monumentalität verleiht.

Das Bergpalais (1723/24)

Das Bergpalais entstand in den Jahren 1723/24 als spiegelbildliches Gegenstück zum Wasserpalais. Es wiederholt die architektonischen Formen und Chinoiserien-Elemente seines Pendants am Elbufer und verstärkt dadurch die symmetrische Wirkung der Gesamtanlage.

Zwischen 1964 und 1967 wurde die originale Bemalung der Lustgartenseite des Wasserpalais freigelegt. Die sichtbar gewordenen figürlichen Malereien wurden teils konserviert, teils mit Wachsfarbe restauriert. Im Jahr 1968 folgte die Wiederherstellung der Lustgartenseite des Bergpalais.

Der barocke Lustgarten

Zwischen den beiden Palais wurde der barocke Lustgarten angelegt - ein geometrisch gestalteter Garten mit Blumenbeeten, Brunnen und Skulpturen. Der Lustgarten diente als repräsentativer Festplatz für die prachtvollen Hoffeste Augusts des Starken.

Im Jahr 1725 erlebte Pillnitz die pompöse vierwöchige Hochzeit der Prinzessin Auguste Constantine, der ältesten Tochter von August dem Starken und der Gräfin Cosel. Das Schlosseinweihungsfest im selben Jahr soll drei Wochen gedauert haben, bei dem der Hof mit bäurisch-derben Spielen das einfache Leben des Landvolkes imitierte.

Weitere barocke Bauten (bis 1730)

Zacharias Longuelune erstellte im Jahr 1727 einen Generalplan für die weitere Gestaltung der Schlossanlage, der auch den Umbau des noch bestehenden Renaissance-Schlosses vorsah. Doch August der Starke verlor allmählich das Interesse an Pillnitz und wandte sich anderen Projekten zu: dem Japanischen Palais, dem Barockgarten Großsedlitz und dem Jagdschloss Moritzburg.

In der Bauphase bis 1730 kamen nur noch der von Matthäus Daniel Pöppelmann als Ringrenngeb��ude entworfene Mitteltrakt der Orangerie sowie der Venustempel mit seinem prächtigen Fest- und Speisesaal hinzu. Als Ersatz für die abgebrochene Schlosskapelle ließ August der Starke zwischen 1723 und 1727 etwas entfernt am Weinberg die Weinbergkirche errichten - ebenfalls nach Plänen Pöppelmanns.

Die klassizistischen Erweiterungen (1765-1824)

Nach dem Tod Augusts des Starken im Jahr 1733 ruhten die Bauarbeiten zunächst. Erst als Kurfürst Friedrich August III. die Anlage im Jahr 1765 zur kurfürstlichen Sommerresidenz erklärte, wurden weitere Um- und Neubauten erforderlich.

Neue Flügelbauten (1788-1795)

Bis zum Jahr 1788 schuf Oberlandbaumeister Christian Friedrich Exner beiderseits des Bergpalais und bis 1791 beiderseits des Wasserpalais neue Flügelbauten mit Wohnungen für Hofbedienstete. Diese Entwürfe von Christian Traugott Weinlig und Johann Daniel Schade orientierten sich an den Plänen Longuelunes von 1727.

Die neuen Flügelbauten sind etwas in den Lustgarten vorgezogen, was die Schlossanlage dynamischer wirken lässt. Sie besitzen Kupferdächer, während die älteren Palaisbauten Schieferdächer tragen. Zwischen 1790 und 1795 wurden die bisher nur durch niedrige Gänge verbundenen Pavillons des Berg- und Wasserpalais in der heute sichtbaren Form zusammengefügt.

Pavillons im Park

Ab 1785 entstanden mehrere kleinere Bauten im Park: Christian Traugott Weinlig und Johann Daniel Schade bauten im Jahr 1787 den Englischen Pavillon - einen Rundtempel nach dem Vorbild des in Rom stehenden Tempietto von Bramante. Im Jahr 1804 errichtete Christian Friedrich Schuricht in Anklang an die Chinoiserien der Schlossanlage den Chinesischen Pavillon.

Die Pillnitzer Konvention (1791)

Im Jahr 1791 ging Schloss Pillnitz durch die Pillnitzer Konvention in die europäische Geschichte ein. Kaiser Leopold II. und der preußische König Friedrich Wilhelm II. schlossen hier ihr Bündnis gegen das revolutionäre Frankreich. Der sächsische Kurfürst Friedrich August III. war Gastgeber dieser historisch bedeutsamen Zusammenkunft, aber nicht an den Verhandlungen beteiligt.

Das Neue Palais (1822/23)

Im Jahr 1818 brannten das alte Renaissance-Schloss und der daneben stehende Venustempel ab. Oberlandbaumeister Christian Friedrich Schuricht schloss diese Lücke in den Jahren 1822/23 mit dem Neuen Palais im klassizistischen Stil. Obwohl es erst nachträglich hinzukam, wirkt es seitdem wie das Zentrum der Schlossanlage.

Dem Hauptgebäude sind an der Elbseite der Küchenflügel und an der Bergseite (Nordseite) der Kapellenflügel mit der Schlosskapelle beigefügt. Diese drei Gebäudeteile umschließen den 55 × 60 Meter großen Fliederhof. Durch viertelkreisförmige Galerien ist das Neue Palais mit dem Wasser- und dem Bergpalais verbunden.

Architektur des Neuen Palais

Die zum Lustgarten gerichtete Westfassade des Neuen Palais ist in zahlreichen Details an das barocke Umfeld angepasst, hebt sich aber durch ihren klassizistischen Charakter von den Chinoiserien-Barockfassaden der anderen Palais ab. Die korinthischen Säulen und das bekrönende Uhrtürmchen betonen die Vertikale dieser Fassade.

Die Ostseite vor dem Fliederhof präsentiert sich in einem stärker klassizistischen Stil mit geraden Linien und klaren, strengen Formen. Nur die geschwungenen Dächer weichen davon ab und stellen eine Verbindung zu den barocken Palais her.

Die im Jahr 1824 gegenüber der Schlosskapelle gebaute Schlosswache zeigt sich ebenfalls im klassizistischen Baustil und komplettiert das architektonische Ensemble.

Innenausstattung und Museum für Kunsthandwerk

Im Mittelbau des Wasserpalais legten Restauratoren in den Jahren 1989/90 Freskenmalereien aus der Zeit nach 1722 frei. Als früheste Beispiele europäischer Chinoiserien-Innenarchitektur sind sie von besonderem kunsthistorischem Wert. Von der übrigen barocken Innenausstattung der Palais blieb leider fast nichts erhalten.

Klassizistische Räume

Von der aus dem 19. Jahrhundert stammenden klassizistischen Ausgestaltung ist noch einiges vorhanden. Das im Kaiserflügel des Bergpalais gelegene, zwischen 1966 und 1971 restaurierte Weinlig-Zimmer präsentiert sich mit reicher Stuckdekoration im deutschen Zopfstil - einer Übergangsphase zwischen Rokoko und Klassizismus.

Der quadratische Saal des Neuen Palais ist mit einer kuppelförmigen Kassettendecke und korinthischen Säulen ausgestattet. In der Region gibt es keinen vergleichbar dekorierten klassizistischen Kuppelsaal. Die klassizistischen Malereien des Saales und der Kapelle sind Arbeiten des Hofmalers Carl Christian Vogel von Vogelstein.

Das Museum für Kunsthandwerk

Das im Jahr 1876 gegründete und seit 1947 zu den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gehörende Museum für Kunsthandwerk (Kunstgewerbemuseum) nutzt die Schlossanlage Pillnitz seit 1962 für seine Ausstellungen.

Das Museum zeigt einen repräsentativen Ausschnitt aus dem europäischen Kunsthandwerk vom Mittelalter bis zur Gegenwart, daneben auch kunsthandwerklich wertvolle Objekte aus Ostasien. Zu den Exponaten gehören:

  • Beispiele der Wohnkultur aus verschiedenen Epochen
  • Keramik und Glas (13.-18. Jahrhundert)
  • Metallarbeiten und Goldschmiedekunst
  • Wertvolle Gobelins und Textilien
  • Historische Musikinstrumente
  • Sammlung von Kacheln und Fliesen (13.-18. Jahrhundert)
  • Ostasiatische, deutsche und englische Lackmöbel (17.-18. Jahrhundert)
  • Beispiele für Industriedesign (19.-20. Jahrhundert)
  • Hausgeräte, Bronzen und Steingutobjekte

Schloss Pillnitz heute

Heute ist Schloss Pillnitz eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten im Raum Dresden. Die Schlossanlage gehört zur Staatlichen Schlösserverwaltung Sachsen und beherbergt neben dem Museum für Kunsthandwerk auch wechselnde Sonderausstellungen.

Im Kuppelsaal des Neuen Palais, im Roten Saal des Wasserpalais und im Lustgarten finden regelmäßig Konzerte mit klassischer Musik statt, die auf das barocke Umfeld abgestimmt sind. Die prächtige Kulisse macht diese Veranstaltungen zu unvergesslichen Erlebnissen.

Besucherinformationen

Öffnungszeiten: Täglich außer montags (saisonabhängig)

Eintritt: Kombikarten für Schloss und Park erhältlich

Park: Ganzjährig zugänglich, besonders sehenswert im Frühling und Sommer

Museum: Kunstgewerbemuseum im Wasserpalais und Bergpalais

Anfahrt: Dampfschiff ab Dresden Terrassenufer, Bus oder PKW

Besonderheit: Über 230 Jahre alte Kamelie im Palmenhaus

Die Parkanlage Pillnitz

Zur Schlossanlage gehört die weitläufige Parkanlage Pillnitz mit dem barocken Lustgarten, dem Englischen Garten, dem Chinesischen Garten und dem Holländischen Garten. Der Park erstreckt sich über mehrere Hektar und bietet zu jeder Jahreszeit beeindruckende Naturerlebnisse.

Besonders berühmt ist die über 230 Jahre alte Kamelie (Camellia japonica), die zu den ältesten und größten Kamelien nördlich der Alpen gehört. Sie wird in einem fahrbaren Glashaus, dem Kamelienschlösschen, überwintert.

Geschichtlicher Kontext

Schloss Pillnitz entstand zur Glanzzeit Augusts des Starken, als Dresden zur Kunst- und Kulturmetropole Europas wurde. Die Architekten Pöppelmann und Longuelune prägten das barocke Dresden. Erfahren Sie mehr in unserer Geschichte Sachsens.