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Südvorstadt

Urkundliche Ersterwähnung - Boskau: 1315 als Boscou (altsorbisch: Dorf des Bozek), ab 1449 wüst, Vorwerk Auswick: 1350 als Uzmik (altsorbisch: usmyk = Talzugang); Eingemeindung nach Dresden: 1835 (nennenswerte Besiedlung aber erst nach 1850)

Aus der im Jahr 1315 urkundlich erwähnten sorbischen Siedlung Boscou ging das (einst nördlich des heutigen Beutlerparkes gelegene) Dorf Boskau hervor, das aber schon im Jahr 1449 als wüst bezeichnet wird. Nahe der heutigen Münchner Straße befand sich die erstmals im Jahr 1350 erwähnte sorbische Siedlung Uzmik. Später betrieb der Dresdner Rat hier das Vorwerk Auswick.

Auf der seit der Eiszeit im Dresdner Süden angewehten und angespülten Lößlehmdecke entstanden sehr fruchtbare Böden. Das Gebiet südlich der Dresdner Altstadt wurde deshalb noch lange Zeit vorrangig landwirtschaftlich genutzt. Eine städtische Bebauung begann hier erst um 1850 und auch danach gaben die Grundeigentümer das fruchtbare Land nur sehr zögerlich für die Bebauung frei. Allerdings zählt die Südvorstadt, wie die anderen zentrumsnahen Vorstädte der Altstadt, schon seit 1835 zu Dresden.

Zu den ältesten Fahrwegen des Dresdner Südens gehören der einst entlang der heutigen Strehlener Straße nach Strehlen verlaufende Kälberweg und der Zellesche Weg. Der Name des letzteren ist von "Altzella" abgeleitet. Bis zur Reformation wurde dieser Weg für Fahrten zwischen dem Kloster Altzella bei Nossen und dem zum Klosterbesitz gehörenden Leubnitzer Gut (Klosterhof Leubnitz) genutzt.

An der heutigen Budapester Straße entstand im Jahr 1836 eine Blindenanstalt (Grundstück Nr. 24) und im Jahr 1837 daneben eine Taubstummenanstalt (Gehörlosenschule, im Jahr 1879 erweitert). Diese Gebäude fielen den Bombenangriffen im Februar 1945 zum Opfer.

Der alte Fahrweg nach Dippoldiswalde, die Dippoldiswalder Straße, wurde im Jahr 1841 umfassend ausgebaut. Im Bereich der Südvorstadt erhielt sie im Jahr 1855 den Namen Bergstraße. In der Nähe des heutigen Fritz-Foerster-Platzes stand zeitweise ein Einnehmerhaus (eine Wegezollstation).

Bronzeplastik der Kurfürstin AnnaAuf freiem Gelände an der Chemnitzer Straße wurde im Jahr 1848 der Annenfriedhof angelegt. Der alte Friedhof neben der Annenkirche war schon im Jahr 1717 aufgegeben worden, der Annenfriedhof am Sternplatz bestand noch bis 1914.

Den Eingang des Annenfriedhofes an der Chemnitzer Straße schmückt die von Robert Henze im Jahr 1869 geschaffene überlebensgroße Bronzeplastik der Kurfürstin Anna (s. Bild), die bis 1945 am Denkmalbrunnen vor der Annenkirche stand. (Anna von Dänemark, 1532-1585, war die Gemahlin von Kurfürst August von Sachsen.)

Auf dem Alten Annenfriedhof ruhen mehrere bedeutende Dresdner Persönlichkeiten wie der Maler Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872), die Schauspieler Emil Devrient (1803-1872) und Bogumil Dawison (1818-1872), der Dresdner Oberbürgermeister Alfred Stübel (1827-1895), der Geologe Bruno Geinitz (1814-1900) und der Erbauer der Göltzschtalbrücke R. Wilke (1804-1889). Der in der Mitte des Friedhofes stehende Obelisk erinnert an die Opfer des Dresdner Maiaufstandes von 1849, deren Gräber zu den ersten auf diesem Friedhof gehörten.
An der im Jahr 1856 angelegten Schweizerstraße stand (nahe der ehemaligen Blindenanstalt an der Budapester Straße) die damals sehr beliebte Gastwirtschaft "Zum Schweizerhäuschen".

Der nach dem Dresdner Oberbürgermeister Otto Beutler (1853-1926) benannte Beutlerpark hieß früher Schanzenpark. Die Preußen hatten hier, am Bornberg, im Jahr 1866 (im Preußisch-Österreichischen Krieg) eine Schanze aufgeworfen.

Die vom Hauptbahnhof nach Süden führende Hauptstraße der Südvorstadt entstand im Jahr 1868. Im Jahr 1871 erhielt sie den Namen Reichsstraße (heute: Fritz-Löffler-Straße). Im Jahr 1892, beim Umbau des Böhmischen Bahnhofes zum Hauptbahnhof, schuf man auch die Unterführung unter den Hochgleisen östlich neben dem Bahnhof, mit der die Reichsstraße Anschluss an die Prager Straße in der Seevorstadt gewann. So entstand eine schnurgerade Ausfallstraße von der Inneren Altstadt bis zur damaligen Südgrenze der Stadt.

Die heute Möckel-Villa genannte neogotische Villa Leubnitzer Straße 28 hatte sich Gotthelf Ludwig Möckel in den Jahren 1877/78 gebaut (im Jahr 1995 umfassend restauriert). Der Architekt wirkte 10 Jahre lang in Dresden (unter anderem baute er im Jahr 1881 die Briesnitzer Kirche im Stil der Neogotik um), bevor er als Hofbaumeister am Schweriner Herzoghaus tätig wurde.

Ab 1883 führte eine Pferdebahnlinie bis zur Reichenbachstraße. Im Jahr 1896 wurde die Stadtbahn auf elektrischen Betrieb umgestellt. In der Südvorstadt mussten die Bahnen mit Akkumulatoren fahren, weil die Oberleitungen die empfindlichen Forschungsapparaturen der damals an der Reichsstraße stehenden Technischen Hochschule gestört hätten.

Nach der Genehmigung des Bebauungsplanes für die etwa 30 m breite Nürnberger Straße und die 40 m breite Münchner Straße im Jahr 1899 wuchs hier ein überwiegend aus Einzel- und Gruppenhäusern mit großen Wohnungen bestehendes Wohnviertel für gehobene bürgerliche Schichten heran. Nach 1920 dehnte sich diese Wohnsiedlung rasant aus - in Richtung Räcknitz mit Einzelhäusern und Gärten, in Richtung Plauen dagegen mit Reihenhäusern entlang der Nöthnitzer Straße. Im Umfeld der Schweizer Straße entstand das wohlhabende Schweizer Viertel.

Haus nahe der Russisch-Orthodoxen Kirche

Bild: Ein Beispiel für die umfassend sanierten historischen Häuser der Südvorstadt


Zwischen der Winckelmann- und der Franklinstraße sowie der Strehlener und der Reichenbachstraße entstand nach 1870 ein ziemlich gleichförmiges Wohnviertel mit rechtwinkligem Straßennetz. Im Umfeld des Hauptbahnhofes gab es mehrere Hotels und Pensionen. Wegen der zahlreichen Ausländer, die sich hier aufhielten, hieß der Bereich südlich des Hauptbahnhofes damals auch Diplomatenviertel. Hier entstanden zwischen 1872 und 1874 die Russisch-Orthodoxe Kirche an der Reichsstraße, im Jahr 1884 die Amerikanische Kirche an der Bergstraße und kurz danach die Englische Kirche an der Wiener Straße (bei den Bombenangriffen im Februar 1945 zerstört, nur die Russisch-Orthodoxe Kirche wurde wieder aufgebaut).

Russisch-Orthodoxe Kirche

Russisch-Orthodoxe Kirche
Russisch-Orthodoxe KircheDie Architekten Harald Julius von Bosse (russischer Staatsrat deutscher Herkunft, Erbauer der deutschen Kirche in St. Petersburg) und Karl Weißbach errichteten zwischen 1872 und 1874 die Russisch-Orthodoxe Kirche an der Reichsstraße (heute Fritz-Löffler-Straße). Der 33 m lange und 13 m breite Ziegelbau mit Sandsteinverkleidung und einem 40 m hohen Glockenturm zeigt sich mit seinen fünf Zwiebeltürmen im Stil russischer Sakralbauten des 16./17. Jahrhunderts.

Die vor allem für die russische Gesandschaft im Königreich Sachsen errichtete Kirche untersteht noch heute dem Moskauer Patriarchat. Ihre Innenausstattung blieb wegen finanzieller Probleme unvollendet. Die wertvollen archaisierenden Ikonen der Bilderwand sind Arbeiten von James Marshall.

Maria-Gey-Brunnen

Maria-Gey-Brunnen
Detail am Maria-Gey-BrunnenAm Friedrich-List-Platz (ehem. Bayrischen Platz) südlich des Hauptbahnhofes steht der Maria-Gey-Brunnen, eine Arbeit von Akademieprofessor Georg Wrba aus dem Jahr 1911. Der mit der Aphrodite gekrönte Brunnen ist eine Stiftung des Arztes Dr. Heinze in Gedenken an seine früh verstorbene Frau Maria Gey Heinze, eine Kunststudentin. Die Bombenangriffe im Februar 1945 überstand der Brunnen, anders als das gesamte bauliche Umfeld, unversehrt.

Lukaskirche

Nordseite der LukaskircheZwischen 1898 und 1908 baute Georg Weidenbach die Lukaskirche (am Lukasplatz) in einer Stilmischung aus Neorenaissance und Jugendstil. Im Umfeld dieser im Jahr 1903 eingeweihten Kirche entstanden Gebäude für die Kirchenverwaltung. Das im Februar 1945 zerstörte Gotteshaus wurde in den Jahren 1963 bis 1972 wieder aufgebaut. Wegen ihrer vorzüglichen Akustik nutzte man die Kirche auch für Tonträgeraufzeichnungen unter anderem mit der Dresdner Philharmonie und der Sächsischen Staatskapelle.

Hauptportal der Lukaskirche
Details der Südseite der Lukaskirche Südseite der Lukaskirche

Bilder: Südseite der Lukaskirche


Nebengebäude (Ruine) der Lukaskirche

Bilder: Ruine eines (im Februar 1945 zerstörten) kirchlichen Verwaltungsgebäudes westlich neben der Lukaskirche

Wiederaufbau der Südvorstadt nach dem Krieg

Die britisch-amerikanischen Bombenangriffe im Februar 1945 trafen das Gebiet zwischen dem Hauptbahnhof, der Reichenbachstraße und der Nürnberger Straße sehr schwer. Von dem geschlossenen Wohnviertel zwischen der Strehlener und der Reichenbachstraße blieb - bis auf ein einziges Haus an der Rabener Straße - nichts stehen. Im Süden der Südvorstadt dagegen gab es nur stellenweise größere Schäden.

Blick aus Richtung Hauptbahnhof in Richtung Strehlener PlatzNach der Enttrümmerung erstreckte sich südlich des Hauptbahnhofes eine weite leere Fläche, auf der dann Gebäude der Verkehrshochschule sowie Verwaltungsbauten und Wohnblöcke in lockerer Bebauung errichtet wurden.



Bild: Blick aus Richtung Hauptbahnhof nach Osten in Richtung Strehlener Platz


Am Strehlener Platz bezog die Ingenieurschule für Verkehrstechnik neue Gebäude. Am Ort der im Februar 1945 ausgebrannten Städtischen Jugendherberge am Strehlener Platz wurde das Interhotel Astoria als erster Dresdner Hotelneubau nach dem Krieg errichtet (in den 1990er Jahren abgebrochen).

Skulptur vor dem Lehrgebäude am Strehlener Platz

Bilder: Lehrgebäude am Strehlener Platz und davor stehende Skulptur


Lehrgebäude am Strehlener Platz
Ein groß angelegter Wohnungsbau, meist in traditioneller Ziegelbauweise, begann in den Jahren 1953/54 unter anderem an der Nürnberger Straße, wo dann vor allem Arbeiter des Wismut-Bergbaus einzogen. Von hier aus erfasste der Wohnungsneubau nach und nach alle total- und teilzerstörten Gebiete der westlichen Südvorstadt.

Der mehrspurig ausgebaute Zellesche Weg, an dem zahlreiche Bildungs- und Forschungseinrichtungen unter anderem der Technischen Universität entstanden, entwickelte sich zu einer wichtigen Verbindungsstraße zwischen Pirna und Meißen. Mit der nach Westen fortlaufenden Nürnberger Straße und der Nossener Brücke gehört er zum Äußeren Dresdner Tangentenring. Die Budapester Straße verbindet diesen Tangentenring mit dem Inneren Stadtring.

Neubauten am Zelleschen Weg

Bild: Neubauten am Zelleschen Weg


Haus am Fritz-Foerster-Platz

Bild: Haus am Fritz-Foerster-Platz (an diesem Platz beginnt der Zellesche Weg)


Neubau an der Fritz-Loeffler-Straße

Bild: Geschäfts- und Verwaltungsneubau an der Fritz-Loeffler-Straße, südlich neben dem Hauptbahnhof





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